WUNDERvoll!
Als Musiktherapeutin erlebe ich immer wieder sehr viele schöne Momente. Ich bringe täglich mit Musik Angenehmes, Schönes, Erfreuliches sowie Berührendes ins Klinikum.
Erst vor kurzem durfte ich eine Frau auf der Neurologie begleiten. Sie erlitt einen schweren Schlaganfall und reagierte kaum auf Ansprache, konnte nicht sprechen, konnte ihre rechte Körperseite nicht bewegen.
Bei meiner ersten Begegnung kam der Sohn nach einiger Zeit dazu und in einem kurzen Gespräch, erfuhr ich, dass seine Mutter Marienlieder liebte, vor allem war das "Ave Maria" eines ihrer Lieblingslieder. Diese Information half mir sehr weiter und somit bereitete ich mich für die nächste Therapie mit diesem Lied vor. Es war schon lange her, dass ich dies selber bei der Hochzeit meines Bruders singen durfte, somit verband auch mich einiges mit diesem Lied.
Als ich zwei Tage später wieder zu der Frau ans Bett kam, konnte ich im ersten Moment keine Veränderungen wahrnehmen. Sie hatte die Augen geschlossen, auf meine Begrüßung kam soweit keine sichtbare Reaktion. Es war die Tochter zu Besuch und der Sohn kam später auch wieder dazu.
Ich nahm meine kleine keltische Harfe, stellte mich neben die Frau ans Bett, lehnte die Harfe an ihr Bett an und begann, einzelne Töne zu spielen. Die Tochter saß an ihrer linken Seite und hielt ihre Hand. Die rechte Hand konnte die Frau selber leider gar nicht bewegen aufgrund des Schlaganfalles, ihre linke Hand kann sie grundsätzlich bewegen, jedoch kommt eher wenig aktive Bewegung.
Nachdem ich von den einzelnen, frei improvisierten Tönen ins "Ave Maria" überging und dazu mit meiner Stimme einsetzte, begann die Frau tiefer zu atmen und es wirkte, als erkenne sie das Lied sofort wieder. Als ich vom Summen ins Singen überging, konnte ich es selbst kaum glauben.
Es war ein Gänsehautmoment, meine Augen wurden feucht, weil ich am liebsten zu weinen begonnen hätte. Sie öffnete ihre Augen und auch aus ihren Augen rannen langsam Tränen heraus. Sie wurde ganz aufmerksam und suchte meinen Blick, indem sie ihren Kopf leicht in meine Richtung drehte. Nun war es ganz eindeutig ersichtlich, sie nahm mich wahr, konnte die Musik erkennen und war sichtlich berührt.
In solchen Momenten wird mir immer wieder bewusst, was Musik alles schafft, was wir nur im Gespräch nicht schaffen können. Sie hat den direkten Weg in unsere Seele, in unsere Emotionsebene. Für die Angehörigen war dies eine Art Wunder und mit Tränen in den Augen und spürbarer Freude waren sie froh, in diesem Moment bei ihrer Mutter gewesen zu sein.
(Barbara Koppensteiner)